María José Gallego Pleite aus Spanien arbeitet in diesem Schuljahr an der Ederseeschule. Dort unterrichtet sie Spanisch sowie Deutsch als Zweitsprache.
Bericht und Foto: Stefanie Rösner, Waldeckische Landeszeitung
Vöhl-Herzhausen – Sie ist in der Welt der Sprachen Zuhause, sie hat in großen Städten Europas gelernt und gelehrt, und nun fühlt sie sich immer mehr in Herzhausen heimisch. Aus der Großstadt Getafe bei Madrid, wo viele ihrer Verwandten leben, ins ländliche Herzhausen: für María José eine ganz neue Erfahrung.
Sie studierte schon in München, arbeitete an der Universität in Rostock und war Gastlehrerin an einem Gymnasium in Baden-Württemberg, außerdem fünf Jahre in Warschau. Aber eines fehlte der 56-Jährigen noch: „Ich wollte immer die Erfahrung haben, auf dem Dorf zu leben.“
Den Eindruck vom Landleben hat María José sofort bekommen. Als sie im August ankam, fiel ihr als erstes die besondere Natur auf. „Es ist hier wunderschön“, sagt sie. Ihr war von vorneherein bewusst, was zählt, damit sie hier nicht versauert. „Es ist mir wichtig, mit den Menschen in Kontakt zu kommen, die hier wohnen.“
Die Spanierin hat keine Hemmungen, sich unter die Leute zu mischen. „Um mich nicht isoliert zu fühlen, versuche ich am täglichen Leben des Dorfes teilzunehmen: Damen-Gymnastik, Nordic Walking, Chor, Dorffrühstück.“ María José nimmt die Angebote wahr und fühlt sich schon als ein Teil der Dorfgemeinschaft.
Gute Willkommenskultur im Ort
Die Herzhäuser seien ihr gegenüber gastfreundlich, höflich, offen und hilfsbereit. Ihr ist aber bewusst: „Ohne Deutsch wäre es schwierig.“ Wie schwer das Ankommen anderen fällt, spürt die Lehrerin in den Schulklassen mit zugewanderten Kindern. Manche der ausländischen Schülerinnen und Schüler täten sich schwer damit, die deutsche Sprache zu erlernen. „Ich habe den Eindruck, dass viele unter sich bleiben. Dadurch lernen sie sehr langsam.“ Sie unterrichtet neben denjenigen Schülern, die Spanisch als Fremdsprachenfach oder als AG gewählt haben, auch Deutsch als Zweitsprache für Kinder aus Ländern wie der Ukraine, Moldawien, Syrien, Türkei und Afghanistan.
Als Nicht-Muttersprachlerin weiß María José, welche Schwierigkeiten es beim Erlernen von Deutsch gibt. Die Deklination von Wörtern zum Beispiel. „Aber ich bin Philologin. Deswegen ist es für mich nicht sehr kompliziert“, sagt die Spanierin, die zwar einen Akzent hat, aber sehr gut Deutsch spricht, auch wegen ihrer Leidenschaft für diese Sprache. „Über Hermann Hesse habe ich das Interesse an der deutschen Sprache bekommen“, erzählt sie. Rechnet sie alle ihre Aufenthalte im Land zusammen, ist es nun ihr achtes Jahr in Deutschland.
Den Kindern falle es hingegen nicht immer so leicht. Eine Herausforderung, an der auch die erfahrene Lehrerin noch wachsen will. Sie verkörpert die Vorstellung vom lebenslangen Lernen und stellt sich dem Neuen. So hospitiert sie auch mal bei einer Kollegin in der Grundschule, denn bislang hatte sie nur Erfahrungen in der Sekundarstufe gesammelt.
Kein Urteil über das Schulsystem
So auch an ihrer Schule in Getafe, wo María José Schülerinnen und Schüler im Alter bis 18 Jahre unterrichtet. Das Schulsystem in Spanien ist anders als in Deutschland, wo zwischen Haupt- und Realschule sowie Gymnasium gewählt wird. In Spanien besuchen alle Schüler im Alter von 12 bis 16 Jahren eine einheitliche Sekundarstufe. Ein Urteil darüber zu fällen findet die Lehrerin schwierig. „Ich könnte nicht sagen, was besser ist.“
Auch sonst hält sich María José Gallego Pleite mit Verallgemeinerungen und Vorurteilen zurück. Die deutsche Pünktlichkeit beispielsweise hält sie für einen Stereotypen, der sich auch deswegen nicht bewahrheite, weil in der letzten Zeit die öffentlichen Verkehrsmittel so unzuverlässig geworden seien. Die Gastlehrerin hat kein Auto und ist auf den öffentlichen Personennahverkehr angewiesen. Von den Zugverbindungen ist sie deshalb eher enttäuscht. Aber als eine gute Idee erachtet sie das Anruf-Sammel-Taxi, das sie von Herzhausen aus regelmäßig nutzt. „Ich wüsste sonst nicht, wie ich einkaufen sollte.“
Das Gastlehrkräfte-Programm
Das Hessische Kultusministerium bietet zum ersten Mal dieses Gastlehrkräfte-Programm in Zusammenarbeit mit der Botschaft Spaniens in Berlin an. Zehn Lehrerinnen und Lehrer aus Spanien nehmen in diesem Schuljahr in Hessen daran teil. Das spezielle Angebot soll nicht nur den Fremdsprachenunterricht ergänzen, sondern zudem die direkte Begegnung mit spanischen Muttersprachlern ermöglichen sowie Lernsituationen schaffen, in denen die Schülerinnen und Schüler mehr über die spanische Sprache und Kultur erfahren können.